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Revolution 1848

Revolution 1848

Seite 4

Vormärz

Im Vormärz, der Zeit vor 1848, gab es in Deutschland zahlreiche und widersprüchliche Entwicklungen. Mit dem Thronwechsel in Preußen 1840 und dem Amtsantritt von Friedrich Wilhelm IV. entstanden Hoffnungen auf politische Reformen, die zunächst durch einige versöhnliche Handlungen des Königs gestärkt wurden, wie die Begnadigung verfolgter Akademiker und die Förderung der Fertigstellung des Kölner Doms.

Gleichzeitig erlebte Deutschland wirtschaftliche Herausforderungen durch die englische Industriekonkurrenz im Textilsektor und eine Hungersnot infolge von Missernten, insbesondere der Kartoffelfäule, die zu sozialen Unruhen führte. Während in den westlichen Provinzen Preußens eine relative Ruhe herrschte, gab es im Osten heftige Unruhen, die nur mit Polizei und Militär unter Kontrolle gebracht werden konnten.

Es gab zahlreiche gesellschaftliche Treffen und Versammlungen, die die politische Vielstaatlichkeit Deutschlands kritisierten und sich für mehr Einheit einsetzten. Die Kultur blühte im Einfluss der Romantik auf, während die politische Entwicklung stagnierte und Repressionen erlebte.

Trotz der wirtschaftlichen und technologischen Modernisierung gab es in der politischen Landschaft Rückschläge. Dennoch wuchs Deutschland tendenziell zu einer Kultur- und Wirtschaftsnation zusammen. Zum Ende des Vormärz herrschte das Gefühl vor, dass bedeutende Veränderungen unmittelbar bevorstehen, aber es gab auch viel Unsicherheit darüber, welche Richtung diese nehmen würden. Insgesamt zeigt der Vormärz, dass Geschichte als ein offener und nicht vorhersehbarer Prozess betrachtet werden muss.

Zusammenfassung: Problematik und Nuancen des Begriffs „Vormärz“ in der deutschen Geschichte

  1. Definition des Begriffs
    • „Vormärz“ bezeichnet Jahrzehnte vor der Revolution von 1848.
    • Es ist problematisch, da es die Epoche aus der Perspektive des Folgenden definiert, wodurch ihr eigener Charakter vernachlässigt wird.
  2. Alternative Begriffe und ihre Schwächen
    • Biedermeierzeit: Wird in der Literatur- und Kulturgeschichte verwendet und impliziert eine untypische Idylle für die Zeit.
    • Restaurationszeit: Betont die Rückwärtsgewandtheit und übersieht die Widersprüchlichkeit der Epoche.
  3. Zeitliche Uneindeutigkeit
    • Einige sehen den Beginn des Vormärz im Jahr 1840 (Thronwechsel in Preußen, Krise um den Rhein).
    • Andere sehen 1830 als Startpunkt (Einfluss der Julirevolution, Aufschwung der Verfassungsbewegung in Deutschland).
    • Weitestes Verständnis beginnt die Epoche bereits 1815 mit dem Abschluss des Wiener Kongresses.
  4. Territoriales Verständnis
    • Bis 1866 gehörte auch der westliche Teil des Habsburger Reiches zu Deutschland.
    • Die österreichischen Kaiser mussten stets Rücksicht auf ihre nicht-deutschsprachigen Gebiete nehmen, was zu Isolationstendenzen führte.
  5. Betrachtung des Vormärz
    • Man sollte den Vormärz nicht ausschließlich aus der späteren „kleindeutschen“ Perspektive betrachten.
  6. Erwartungen nach den Napoleonischen Kriegen
    • Nach der Befreiung von Napoleon erwarteten viele Deutsche innere Emanzipation von alten Strukturen.
    • Die Bundesakte des Wiener Kongresses kündigte „landständische Verfassungen“ an, wodurch Parlamenten und Bürgern mehr Rechte eingeräumt wurden, während Monarchen weiterhin souverän blieben.

Fußnote[1]: „Landständische Verfassungen“ bedeuteten politische Systeme mit konstitutioneller Monarchie, bei denen Parlamenten legislative Rechte und den Bürgern staatsbürgerliche Rechte zustanden, aber die Monarchen behielten die Souveränität und Staatsgewalt.

Einschätzung zu den Ereignissen des Vormärz und der Revolution 1848/49

Ereignis/SchlüsselbegriffEinschätzung
Doppelte Frontstellung des Bürgertums– Bürgertum zwischen Absolutismus & Arbeiterbewegung eingeklemmt.
– Wunsch nach bürgerlicher und nationaler Einheit.
– Angst vor sozialem Abstieg und Radikalisierung der Unterschicht.
Rolle der Fürsten– Beharren auf Einzelstaatlichkeit und Souveränität.
– Teilweise Ablehnung von Reformen.
– Widerstand gegen Einheitsbestrebungen und liberale Ideen.
Verfassungsentwurf der Paulskirche– Erstmaliger Versuch einer gesamtdeutschen Verfassung.
– Betonung der Volkssoveränität und Grundrechte.
– Kompromiss zwischen monarchischem Prinzip und Volksvertretung.
– Wurde von Friedrich Wilhelm IV. zurückgewiesen.

Fazit: Die doppelte Frontstellung des Bürgertums zeigt die Schwierigkeiten einer Mittelschicht, die sich in einem Spannungsfeld zwischen konservativen, reaktionären Kräften und der entstehenden Arbeiterbewegung wiederfand. Die Fürsten verfolgten in der Regel eigene Interessen und zeigten sich oft nicht reformwillig. Der Verfassungsentwurf der Paulskirche symbolisiert die liberalen Bestrebungen des Bürgertums und den Wunsch nach nationaler Einheit, wurde jedoch von der Obrigkeit abgelehnt.

Wichtige Ereignisse des Vormärz

  1. Verfassungsbewegung: Mehrere deutsche Kleinstaaten führten Verfassungen ein, aber die beiden Großmächte, Österreich und Preußen, widerstanden dieser Bewegung trotz Versprechen des preußischen Königs Friedrich Wilhelm III.
  2. Wartburgfest (1817): Ein Treffen von etwa 500 Studenten und Professoren, bei dem sie deutsche Einheit und Freiheit forderten. Das Treffen endete mit dem Verbrennen reaktionärer Bücher und Symbolen, was den Deutschen Bund beunruhigte.
  3. Repression: Nach dem Mord an August von Kotzebue durch den Studenten Carl Sand im Jahr 1819 intensivierten sich die repressiven Maßnahmen gegen Liberale und Nationalisten. Der Deutsche Bund verhängte strenge Kontrollmaßnahmen, unter anderem durch die Karlsbader Beschlüsse.
  4. Hambacher Fest (1832): Tausende versammelten sich, um für deutsche Einheit, Freiheitsrechte und Volkssouveränität zu demonstrieren.
  5. Die Göttinger Sieben: Sieben Professoren aus Göttingen, darunter die Gebrüder Grimm, protestierten gegen die Aufhebung des hannoverschen Staatsgrundgesetzes und wurden dafür entlassen.
  6. Frühindustrialisierung: Während dieser Zeit erlebte Deutschland bedeutende wirtschaftliche und technologische Fortschritte, einschließlich der Entwicklung der Eisenbahn und der Erfindung des Telegraphen.
  7. Sozialer Wandel: Die wirtschaftlichen Entwicklungen und technologischen Innovationen des Vormärz führten zu einem Übergang von einer feudalen zu einer modernen, bürgerlichen Gesellschaft.
  8. Bildung: Es gab eine große Aufwertung der Universitäten und der Wissenschaften, insbesondere durch die Bildungsreformen unter Wilhelm von Humboldt.
  9. Aufstieg des Bürgertums: Durch die wirtschaftlichen Veränderungen stiegen Handwerker, Kaufleute und Industrielle in den gesellschaftlichen Rängen auf.
  10. Intellektuelle und Exil: Viele Intellektuelle und Schriftsteller, darunter Karl Marx und Heinrich Heine, wurden zu Vordenkern der Demokratie und mussten oftmals ins Exil gehen.

Insgesamt war der Vormärz eine Zeit erheblicher politischer Unruhen, wirtschaftlichen Wandels und sozialer Evolution, die schließlich in der Märzrevolution von 1848 gipfelte.

Zusammenfassung:

Im Vormärz, der Zeit vor 1848, gab es in Deutschland zahlreiche und widersprüchliche Entwicklungen. Mit dem Thronwechsel in Preußen 1840 und dem Amtsantritt von Friedrich Wilhelm IV. entstanden Hoffnungen auf politische Reformen, die zunächst durch einige versöhnliche Handlungen des Königs gestärkt wurden, wie die Begnadigung verfolgter Akademiker und die Förderung der Fertigstellung des Kölner Doms.

Gleichzeitig erlebte Deutschland wirtschaftliche Herausforderungen durch die englische Industriekonkurrenz im Textilsektor und eine Hungersnot infolge von Missernten, insbesondere der Kartoffelfäule, die zu sozialen Unruhen führte. Während in den westlichen Provinzen Preußens eine relative Ruhe herrschte, gab es im Osten heftige Unruhen, die nur mit Polizei und Militär unter Kontrolle gebracht werden konnten.

Es gab zahlreiche gesellschaftliche Treffen und Versammlungen, die die politische Vielstaatlichkeit Deutschlands kritisierten und sich für mehr Einheit einsetzten. Die Kultur blühte im Einfluss der Romantik auf, während die politische Entwicklung stagnierte und Repressionen erlebte.

Trotz der wirtschaftlichen und technologischen Modernisierung gab es in der politischen Landschaft Rückschläge. Dennoch wuchs Deutschland tendenziell zu einer Kultur- und Wirtschaftsnation zusammen. Zum Ende des Vormärz herrschte das Gefühl vor, dass bedeutende Veränderungen unmittelbar bevorstehen, aber es gab auch viel Unsicherheit darüber, welche Richtung diese nehmen würden.